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Morgan Motor Company – Die britische Fahrzeug Manufaktur wird 100 Jahre
Von Sascha Kröschel | 20.Oktober 2009
Im besten Sinne ‚altmodisch‘ sind die Sportwagen der britischen Marke Morgan. Seit nun 100 Jahren rollen die puristischen Fahrzeuge technisch nur dezent weiterentwickelt aus der Manufaktur. Noch heute werden Techniken aus dem Kutschenbau eingesetzt. So wundert es nicht, dass die Marke auch den Rekord fĂŒr den am lĂ€ngsten produzierten Serien-Pkw der Welt hĂ€lt.
In einer Garage in Malvern Link in England bastelt im Jahr 1909 Harry Frederick Stanley Morgan sein erstes Auto, ein Dreirad mit zwei gelenkten VorderrÀdern und nur einem Hinterrad, das ein sieben PS starker Zweizylindermotor von Peugeot antreibt.
Seine Freunde sind von seinem Mobil so angetan, dass Morgan sich zum Bau weiterer Fahrzeuge ĂŒberreden lĂ€sst und noch im selben Jahr die Morgan Motor Company grĂŒndet. Die skurrilen âThree Wheelerâ (dt. DreirĂ€der) werden zum Verkaufserfolg. Sie sind steuerlich begĂŒnstigt, da sie nur ĂŒber ein angetriebenes Rad verfĂŒgen und so zur Gattung der MotorrĂ€der zĂ€hlen. Rund 3 000 Exemplare werden in den zwanziger Jahren in Malvern Link in der NĂ€he von Birmingham gebaut.
Im Lauf der Jahre wĂ€chst die Modellpalette, die âThree Wheelerâ gibt es als Zwei- und Viersitzer, sogar als Lieferwagen mit Kastenaufbau werden sie gebaut. Und sie treten auf Rundstrecken und bei GelĂ€nderennen an, wo die bezahlbaren SpaĂfahrzeuge etliche Geschwindigkeitsrekorde erzielen. So schafft schon 1928 ein âThree Wheelerâ Tempo 180. Die Erfolge im Motorsport machen die junge Marke bekannt.
1935 kommt das erste vierrĂ€drige Auto, der Morgan 4/4 (Four Four) ins Programm. Den leichten Sportwagen verkauft Morgan noch heute – hier und da ein wenig modifiziert, aber konzeptionell im Prinzip unverĂ€ndert. Damit dĂŒrfte der 4/4 weltweit das am lĂ€ngsten in Serie gebaute Fahrzeug sein.
Wie gehabt kĂŒmmert man sich bei Morgan um die Fertigung von Fahrwerk, Rahmen und Karosserie, die Motorentechnik kauft man von Fremdfirmen dazu. Eine bis heute beibehaltene Praxis des Unternehmens. Den ersten Morgan 4/4 befeuerte ein Coventry Climax-Motor, mit 1,1 Liter Hubraum und 34 PS.
Neben wechselnden und immer stĂ€rker werdenden Motoren erfĂ€hrt der Morgan 4/4 in den mittlerweile mehr als sieben Jahrzehnten seiner Bauzeit gerade mal eine optische Ăberarbeitung. Im Jahre 1954 integriert Morgan die bis dahin frei stehenden Scheinwerfer in die Karosserie, die Frontpartie bekommt ihre typische Wölbung. Der Rest ist ‚traditionell‘, die Vorderachse etwa entspricht immer noch der Konstruktion von 1909 aus dem ersten âThree Wheelerâ. Noch heute werden die Rahmen, wie im Kutschenbau, in Handarbeit aus Eschenholz gesĂ€gt und gehobelt. Mit einer aus dem Jahr 1915 stammenden, handbetriebenen Maschine und einem geglĂ€tteten Baumstamm bringt man auch noch im dritten Jahrtausend Karosserieteile in Form.
Die Frage, warum Morgan seit mehr als 70 Jahren ein und dasselbe Auto baut, beantwortet Charles Morgan, der das Familienunternehmen seit 1999 in dritter Generation leitet, knapp und prĂ€zise: ‚Weil die Kunden es so wollen‘. Aktuell treibt ein 82 kW/112 PS starker 1,6-Liter Ford Duratec Motor den rund 800 Kilogramm leichten Roadster an. Die Spitzengeschwindigkeit liegt bei rund 185 km/h.
Ein groĂer Wurf gelingt dem Unternehmen 1968 mit dem Morgan Plus 8, dem wohl klassischsten aller Roadster. Im Prinzip ist der Plus 8 ein Morgan 4/4 mit lĂ€ngerem Radstand und einem Rover-V8-Triebwerk unter der verlĂ€ngerten Motorhaube. Auch in Deutschland wird Morgan mit dem Bestseller zum Mythos unter Sportwagen-Kennern. Auch der Plus 8 ist heute noch im Programm, wird aber von einem V6-Benziner angetrieben und heiĂt daher schlicht und einfach Morgan Roadster.
Im Jahr 2000 kommt mit dem Aero Eight die dritte Modellreihe, fĂŒr Morgan nach mehr als sechs Jahrzehnten die erste komplette Neuentwicklung. FĂŒr eingefleischte Morgan-Fans ist das Design mit den ’schielenden‘ Frontscheinwerfern gewöhnungsbedĂŒrftig. Die schrĂ€ge Optik ist auch Resultat einer vom Windkanal diktierten aerodynamischen, aber weiterhin unverkennbaren Roadster-LinienfĂŒhrung. Unter der Haube kommt ein Achtzylindermotor von BMW zum Einsatz, der in seiner aktuellen Version aus 4,8 Litern Hubraum 271 kW/368 PS entwickelt.
Im aktuellen JubilĂ€umsjahr baut Morgan vermutlich um die 700 Fahrzeuge, so viele wie nie zuvor seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Rund 100 davon dĂŒrften nach Deutschland kommen. Von Wirtschaftskrise also keine Spur. Und das alles in einer Manufaktur, die fĂŒr den Bau eines Fahrzeugs 14 Tage braucht. Hier ist Handarbeit noch Trumpf. So ganz nebenbei ist Morgan die wohl Ă€lteste im Familienbesitz befindliche Automarke der Welt – und, neben Bristol, aktuell der wohl letzte noch existierende rein britische Autohersteller.
Auch fĂŒr die Zukunft scheint Morgan gerĂŒstet. 2008 zeigte man auf dem Genfer Autosalon das Lifecar, ein Null Emission Fahrzeug mit Brennstoffzellen und Bremsen-Energie-RĂŒckgewinnung. Rund 650 Kilo leicht soll das Fahrzeug sein, das ĂŒber vier aufs Chassis montierte Elektromotoren verfĂŒgt. Die Reichweite soll bei rund 400 Kilometern liegen, der Kraftstoffverbrauch bei 1,8 Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer Fahrstrecke. Beste Chancen also fĂŒr das Werk, auch die nĂ€chsten Jahre als Familienunternehmen zu bestehen.
Am kommenden Wochenende (24.10.2009 â 25.10.2009) starten im Rahmen der FIA GT3 Europameisterschaft zwei Morgan Aero 8 Super Sport GT3 Fahrzeuge auf dem Circuit Zolder in Belgien.
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