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ADAC GT Masters 2012: Die virtuelle Runde â Saisonvorbereitung im Kopf
Von Sascha Kröschel | 19.Januar 2012
Ein schnelles Auto, ein guter Teamkollege und ein schwerer GasfuĂ allein reichen heute nicht mehr aus, um im Motorsport Erfolge zu feiern. Eine gute Fitness ist bei den Piloten im ADAC GT Masters Pflicht. Auch wenn ein Fahrer in einem Rennen maximal 35 Minuten hinter dem Steuer sitzt, kann das eine schweiĂtreibende Angelegenheit werden. Neben dem obligatorischen Fitnesstraining bereiten sich viele Piloten mittlerweile auch mit âFitness im Kopfâ – einem Mentaltraining – auf die neue Motorsportsaison vor. Rennsportlegende Hans-Joachim âStrietzelâ Stuck (61) und sein Sohn Johannes Stuck (25, A), der ADAC GT Masters-Vizechampion der Saison 2011, sprechen ĂŒber das Thema Saisonvorbereitung im Wandel der Zeit und ĂŒber Mentaltraining im Motorsport.
âDer Vergleich von meiner Zeit zu der Vorbereitung meiner Söhne heute ist ein ziemlicher Schwarz-WeiĂ-Vergleichâ, so âStrietzelâ Stuck, der die ADAC GT Masters-Saison 2011 auch als Gastkommentator fĂŒr den TV-Partner kabel eins begleitete. âWir haben damals vor den Rennen Cola getrunken und Currywurst gegessen. Das wĂ€re heute wohl undenkbar. Erst Anfang der 1970er-Jahre hat uns der damalige Ford-Rennleiter Jochen Neerpasch zu einem Fitnesstraining einbestellt. Wie man sich vorstellen kann, waren wir davon natĂŒrlich erst einmal nur mĂ€Ăig begeistert. Allerdings haben wir schnell erkannt, dass das ein wichtiger Faktor ist, denn im Sport ist Kondition immer auch mit Konzentration verbunden.â
Fitnesstraining zĂ€hlt mittlerweile zum guten Ton, dahingegen ist mentales Training ein noch sehr neuer Baustein der Saisonvorbereitung. âStrietzelâ Stuck machte seinerzeit auch erste Erfahrungen mit der âVorbereitung im Kopfâ. âDie AnfĂ€nge des Mentaltrainings waren sehr kurios und fĂŒr mich damals nicht besonders ĂŒberzeugendâ, erinnert sich Stuck 30 Jahre zurĂŒck. âAllerdings hat sich eine Methode bis heute bewĂ€hrt: Das Abfahren der Strecke in Gedanken. Ein sehr guter Trick, sich auf die Strecke zu konzentrieren und ganz nebenbei auch ein netter Zeitvertreib.â Das geistige Abfahren der Runde fĂŒhrt nebenbei zu verblĂŒffenden Ergebnissen: âWenn man dabei eine Stoppuhr laufen lĂ€sst, kommt man bis auf eine Sekunde an seine tatsĂ€chlich gefahrene Rundenzeit heran.â
Eine Methode, die sich auch Sohn Johannes zunutze macht. âNachdem ich 2004 im ADAC Volkswagen Polo Cup einmal den Start verhauen habe, ist mir das kein zweites Mal mehr passiert. Ich habe begonnen, die Prozesse, die in der Startphase ablaufen, im Geiste zu visualisierenâ, sagt der vierfache ADAC GT Masters-Laufsieger. âIch prĂ€ge mir die Strecke ein und fahre sie dann gedanklich in einer perfekten Runde ab. Alles, was dann im Auto auf der Rennstrecke folgt, ist nur eine Abweichung von einer 100%-Runde und im Rennen gilt es ânurâ, die Abweichung möglichst gering zu halten.â
Strecken zu visualisieren ist ein wichtiges Instrument des Mentaltrainings und ein Baustein, mit dem die Mentaltrainerin Julia C. David (31, Frankfurt) Rennfahrer im Kopf fit macht. Zusammen mit Hans-Joachim Stuck saĂ Julia David als Expertin fĂŒr Mentaltraining im letzten Jahr auch in der Jury der ADAC Stiftung Sport. âJe sicherer die Fahrer auf der Strecke sind, um so mehr können sie ihre Energie bĂŒndeln und sich auf sich selbst, die Technik und Taktik konzentrierenâ, sagt die Mentaltrainerin, die neben ihrer Arbeit im Motorsport auch FĂŒhrungskrĂ€fte coacht und der erste weibliche Mentalcoach in der deutschen FuĂball-Bundesliga ist.
Das Thema Mentaltraining nimmt mittlerweile nicht nur im Motorsport einen immer gröĂeren Stellenwert ein. Julia David: âViele Sportler erkennen nicht zuletzt auch durch Burn-Out-Syndrome bekannter Kollegen die Sinnhaftigkeit des Mentaltrainings. Denn: Der Erfolg in Beruf und Sport beginnt im Kopf. Mittlerweile arbeite ich mit vielen Rennfahrern und FuĂball-Profis zusammen, die sich zum Beispiel gegen den immer gröĂeren Druck von innen und auĂen stĂ€rken.â Ein wichtiger Aspekt des Mentaltrainings in ihrer Arbeit ist die Persönlichkeitsentwicklung. âTalent ist eine Sache, aber wenn die Einstellung nicht stimmt, bringt auch das gröĂte Talent keinen Erfolg. Ich versuche im Sportler Emotionen zu wecken, um die Persönlichkeit zu entwickeln, und die Leistungen fĂŒr einen nachhaltigen Erfolg zu optimieren. Die Basis meiner Arbeit ist es, den Fahrern Bewusstsein fĂŒr ihr Denken und Handeln zu vermitteln. FĂŒr einen Rennfahrer ist es wichtig, dass er im âHier und Jetztâ lebt und nicht schon geistig auf dem Siegerpodest steht. Wenn man zu fokussiert ist, setzt man sich unter zu groĂen Druck und das kann zu vermeidbaren Fehlern fĂŒhren.â
Hans-Joachim Stuck hat sich mittlerweile von den VorzĂŒgen des Mentaltrainings ĂŒberzeugen lassen. âIch war nach meinen ersten Erfahrungen vor vielen Jahrzehnten kein Fan des Mentraltrainings. Aber selbst ich bin ja noch lernfĂ€hig und die Zusammenarbeit mit Julia David bei der ADAC Stiftung Sport hat mich ĂŒberzeugt. Das Thema Mentaltraining war bei der Auswahl der geförderten Nachwuchsmotorsportler ein wichtiger Faktor und hat einen hohen Stellenwert eingenommen. Man muss die Dinge der Zeit umsetzen und das Beste daraus machen. Ich bin sehr gespannt, was die nĂ€chsten Jahre bringen, und wo in diesem Bereich die Reise hingeht.â
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